Ein Blick in die Schubladen offenbart ein vertrautes Bild: alte Handys, unzählige Kabel, defekte Haushaltsgeräte. Doch hinter dieser scheinbaren Unordnung verbergen sich nicht nur nutzlose Gegenstände, die Platz verbrauchen, sondern auch ein riesiges Potenzial für unsere Zukunft. Vor allem, weil jährlich immer mehr Elektrogeräte produziert und in Verkehr gesetzt werden.

Die Elektro- und Elektronikaltgeräte (kurz EAGs) werden laut Abfallverzeichnisverordnung durch folgende Schlüsselnummern definiert: 35201, 35202, 35205, 35206 (inkl. Spez. 88), 35212, 35215, 35216, 35220, 35221,35230, 35231 und 35339. Zu ihnen zählt alles, was mit Strom – egal ob mit Batterie oder übers Netz – betrieben wird. Sie sind nicht nur Müll. Sie sind eine Quelle wertvoller Rohstoffe und eine Herausforderung für unsere Umwelt.

Im Jahr 2022 wurden in Österreich 136.852 Tonnen Elektro- und Elektronikaltgeräte gesammelt, was einer Sammelquote (Verhältnis von Sammelmengen zu den durchschnittlichen Inverkehrbringungsmengen der letzten drei Jahre) von 50,50 % entspricht – ein wichtiger Schritt, aber noch lange nicht genug, denn die von der EU vorgegebene Mindestsammelquote von 65 % (laut Artikel 7 der WEEE2-Richtlinie 2012/19/EU und in der Elektroaltgeräteverordnung – § 7a EAG-VO  in nationales Recht umgesetzt) wurde dennoch nicht erreicht.


Warum ist die Elektroschrottsammlung so entscheidend?

Wichtige Rohstoffschätze im Elektroschrott

Elektroaltgeräte sind wahre Rohstoffschätze. Durch eine fachgerechte Entsorgung und das Recycling der EAGs können bis zu 80 verschiedene wertvolle Rohstoffe wiedergewonnen werden, die für die Produktion neuer Technologien essenziell sind. Besonders wichtig sind hierbei die sogenannten „kritischen“ Rohstoffe, die für die Herstellung von Batterien, Photovoltaikanlagen, elektronischen Geräten, Katalysatoren und Windrädern benötigt werden. Die Rohstoffe kommen vermehrt in politisch instabilen Regionen vor, was zu Versorgungsengpässen führen kann. Die Wiederverwertung dieser Materialien ist daher nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch geopolitisch relevant.

Gefährliche Substanzen

Neben den wertvollen Rohstoffen enthalten Elektroaltgeräte auch gefährliche Substanzen wie Blei, Quecksilber und Kadmium. Wenn Geräte unsachgemäß entsorgt werden, können diese Stoffe in die Umwelt gelangen und erhebliche Schäden für Mensch und Natur verursachen. Eine ordnungsgemäße Sammlung und Entsorgung sind daher unerlässlich, um die Umwelt zu schützen und die Gesundheit der Menschen zu bewahren.

Gefahr nicht korrekt entsorgter Elektroaltgeräte

Von Umweltverschmutzung bis hin zu Gesundheitsrisiken – die unsachgemäße Entsorgung von Elektroaltgeräten ist ein ernsthaftes Problem, das nicht unterschätzt werden darf:

  • Umweltverschmutzung: Gefährliche Substanzen wie Blei, Quecksilber und Kadmium können in den Boden und das Grundwasser gelangen, was zu erheblichen Umweltschäden führen kann.
  • Gesundheitsrisiken: Diese toxischen Materialien können die Gesundheit von Menschen und Tieren ernsthaft beeinträchtigen, indem sie beispielsweise neurologische Schäden, Nierenschäden oder Krebs verursachen.
  • Brände in Entsorgungsbetrieben: Lithium-Ionen-Batterien in EAGs können durch unsachgemäßer Entsorgung bei Beschädigung Brände auslösen und dadurch Mitarbeiter*innen in Abfallwirtschaftsbetrieben gefährden, sowie zu Anlagenschäden führen.
  • Verlust wertvoller Rohstoffe: Nicht recycelte Elektroaltgeräte bedeuten, dass wertvolle Rohstoffe verloren gehen, die für die Produktion neuer Geräte notwendig sind. Dies erhöht den Bedarf an neuen Rohstoffen und verstärkt die Abhängigkeit von oft instabilen Lieferketten.

Wohin mit den Elektroaltgeräten?

Zur anschließenden Verwertung und um Brände in Entsorgungsbetrieben zu vermeiden ist die Sammlung der EAGs essenziell, viele wissen aber nicht, wie und wo diese gesammelt werden.

Möglichkeiten zur Abgabe von EAGs:

  • Sammel- und Entsorgungsstellen der Gemeinden und Städte: Beispielsweise Altstoffsammelhöfe oder Mistplätze in Wien – am besten einfach auf der Homepage der jeweiligen Stadt/Gemeinde informieren.
  • Im Handel: Beim Kauf eines neuen, gleichwertigen Geräts ist der Handel zur Rücknahme verpflichtet und muss sich um eine fachgerechte Entsorgung kümmern.
  • Online-Rückgabesysteme: Einige Online-Händler bieten ebenfalls kostenlose Rückgabemöglichkeiten für Elektroaltgeräte an.

Ziel der Behandlung von Elektroaltgeräten

Das Hauptziel der Behandlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten liegt in der Rückgewinnung von verwertbaren Materialien (Metalle, Kunststoffe, etc.) und der Abtrennung von schadstoffhaltigen Bestandteilen. Diese Geräte sind oft komplex konstruiert und mit unterschiedlichen Materialverbunden aufgebaut, was die Demontage in ihre Bestandteile meist nur mit hohem manuellem Aufwand ermöglicht.

Manuelle Demontage, Schadstoffentfrachtung, mechanische Vorzerkleinerung und Sortierung

Manuelle Demontagetätigkeiten beschränken sich daher zumeist auf den Ausbau von Bauteilen und Baugruppen zur Wiederverwendung oder als Maßnahme der Schadstoffentfrachtung. Die eigentliche Materialtrennung erfolgt überwiegend mittels mechanischer Zerkleinerungs- und Sortiertechniken. Diese Techniken ermöglichen eine effiziente Trennung der Materialien, um eine möglichst hohe Rückgewinnungsquote zu erzielen.

Vorbereitung zur Wiederverwendung von Elektroaltgeräten

Die Vorbereitung zur Wiederverwendung von EAGs unterscheidet sich von anderen Abfallarten durch die erforderliche technische Ausstattung und entsprechende Sachkenntnis der Mitarbeitenden. Hierfür ist oft eine Gewerbeberechtigung als Mechatroniker*in notwendig.

Es gibt verschiedene Geschäftsmodelle zur Wiederverwendung von EAGs:

  • Karitative und öffentlich-rechtliche Organisationen: Diese bieten Bringsysteme an festen Standorten an, wo die Geräte geprüft, repariert und zur Wiederverwendung vorbereitet werden. Unterstützt wird das vermehrte Reparieren von Elektrogeräten zusätzlich beispielsweise auch durch den vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie eingeführte Reparaturbonus
  • Private Unternehmen: Im Bereich B2B (Business-to-Business) wird veraltete IT-Ausstattung nach Prüfung und Reparatur an andere Abnehmer zur Wiederverwendung weitervermittelt. Einige Einrichtungen kombinieren die Wiederverwendung mit der Demontage nicht wiederverwendbarer EAGs, um deren Materialien stofflich zu verwerten.

Beispiel der Wiederverwendung: Nutzung der Kunststoffe aus Elektroaltgeräten

Aus den Kunststoffen, die aus EAGs gewonnen werden, können hochwertige Regranulate hergestellt werden. Diese finden vielfältige Anwendungen, unter anderem:

  • in Elektrogeräten
  • bei Automotive-Anwendungen
  • in Gartenmöbeln
  • in Büroartikeln
  • im Baubereich
  • in weiteren technischen Anwendungen

Durch die Wiederverwendung dieser Kunststoffe in verschiedenen Industrien wird der Bedarf an neuen Rohstoffen reduziert und die Umwelt geschont.

Kritische Rohstoffe und ihre Bedeutung

Die Liste für die EU 2023 (Annex II of COM(2023) 160 final) führt 34 kritische Rohstoffe an, die für die europäische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind. Diese Rohstoffe sind oft schwer zugänglich und ihre Gewinnung ist mit erheblichen Umweltauswirkungen verbunden. Daher ist es umso wichtiger, die vorhandenen Ressourcen durch Recycling und Kreislaufwirtschaft zu maximieren.

Im Mai 2024 wurde die europäische Verordnung (Critical Raw Materials Act – CRMA) zu kritischen Rohstoffen veröffentlicht. Das ist ein wichtiger Schritt, denn die Nachfrage nach Seltenen Erden wird in den kommenden Jahren exponentiell zunehmen. Diese spielen wie gesagt eine entscheidende Rolle für die Umstellung der Energie- und Mobilitätssysteme (Bor für Windturbinenerstellung). Sie sind jedoch auch in Alltagsgegenständen, wie unseren Handys (Wolfram), oder Elektrofahrzeugen (Lithium, Kobalt und Nickel) verbaut.

Um die Eigenständigkeit der EU zu stärken, enthält der CRMA unter anderem die Zielvorgabe, dass bis 2030 mindestens 25 Prozent des jährlichen Verbrauchs an kritischen Rohstoffen in der EU aus dem Recycling innerhalb der EU stammen soll.

Hebel für mehr Kreislaufführung und Rückgewinnung

Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern und die Rückgewinnung kritischer Rohstoffe zu steigern, sind mehrere Maßnahmen notwendig:

  • Erhöhte Sammelquoten: Durch Aufklärung und Anreize für Verbraucher kann die Sammelquote weiter gesteigert werden. In Österreich liegt diese derzeit bei 51 Prozent, das Ziel sollte jedoch die von der EU vorgeschriebene Quote von 65 Prozent sein.
  • Effiziente Recyclingprozesse: Fortschrittliche Recyclingtechnologien können die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe aus Elektroaltgeräten verbessern. Hierzu gehören mechanische Trennverfahren, pyrometallurgische sowie hydro-metallurgische Prozesse.
  • Design for Recycling: Hersteller sollten Produkte so gestalten, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus‘ leichter zu recyceln sind. Dies umfasst die Reduktion von Schadstoffen, die Verwendung recyclingfreundlicher Materialien sowie Anleitungen zur Demontage.
  • Politische Maßnahmen: Regierungen können durch Gesetzgebungen und Förderprogramme die Kreislaufwirtschaft unterstützen. Dies könnte beispielsweise Steueranreize für Unternehmen umfassen, die recycelte Materialien verwenden.

Fazit

Die Sammlung und das Recycling von EAGs sind entscheidende Faktoren für eine ressourcenschonende, umweltfreundliche und kreislauforientierte Zukunft. Sie helfen nicht nur, wertvolle Rohstoffe zurückzugewinnen und Umweltverschmutzung zu vermeiden, sondern können auch zur Versorgungssicherheit und geopolitischen Stabilität beitragen. Durch gemeinsame Anstrengungen von Verbraucher*innen, Industrie und Politik können wir die Kreislaufwirtschaft stärken und eine umweltfreundlichere und ressourceneffizientere Welt schaffen.


Zusätzliche Quellen: