Anfang dieses Jahres trat die Nachschärfung der AWG-Novelle in Kraft: Die umstrittene Regelung, Abfalltransporte von mehr als 10 Tonnen ab einer Strecke von 200 km per Bahn zu transportieren, ist in Kraft getreten. Wie bereits im Blogbeitrag „Abfall und Klima – Wie hängt das zusammen?“ erwähnt, ist eine optimierte Logistik von Abfalltransporten ein wichtiger Hebel zur THG-Emissionseinsparung. Aus Klimaschutzgründen wurden daher Transporte per Bahn bei gewissen Abfalltransporten in der AWG-Novelle vorgeschrieben. (§ 15 Abs. 9 AWG 2002).
Die Vorgaben für Transportstrecken von Abfallmengen > 10 t in Österreich, die per Bahn zu erfolgen haben, lauten wie folgt:
- > 300 km ab 1. Jänner 2023
- > 200 km ab 1. Jänner 2024
- > 100 km ab 1. Jänner 2026
Für die Streckenberechnung wird die schnellste Strecke (Strecke mit der kürzesten Fahrzeit) unter Berücksichtigung des verwendeten Fahrzeugs herangezogen.
Seit 1. Jänner muss demnach überprüft werden, ob Abfallmengen über 10 Tonnen, die über eine Distanz von über 200 km transportiert werden, mit der Bahn statt per Lkw transportiert werden können.
Für die Umsetzung der neuen Regelung wurde eine digitale Abfrageplattform für Bahntransporte eingerichtet. Diese Plattform dient zur Überprüfung, ob ein Transport per Bahn erforderlich ist, und soll Bahnunternehmen und Entsorger miteinander verbinden. Um die Plattform nutzen zu können, ist zuvor eine Registrierung bzw. Anmeldung im Unternehmensserviceportal nötig. Einer einfachen Handhabung steht also nichts mehr im Weg, nachdem man sich auf diversen Webseiten angemeldet und eingelesen hat. Eine Vorabfrage, ob eine Ausnahme vorliegt, ist auch ohne Login möglich. Erst für die Abfrage zur Einholung eines Angebots ist ein Login erforderlich.
Welche Ausnahmen können vorliegen?
- Der Transport erfolgt durch Alternativen zur Bahn mit gleichwertigem oder geringerem Schadstoff- oder Treibhausgasausstoß (z. B. Verkehrsmittel mit Antrieb mittels Brennstoffzelle oder Elektromotor).
- Die beim Bahntransport auf der Straße zurückzulegende Strecke für An- und Abfahrt zu und von einer der am nächstgelegenen Verladestellen würde im Vergleich zum ausschließlichen Transport auf der Straße mindestens 25 % betragen (sog. 25 %-Ausnahme).
- Die Eisenbahnverkehrsunternehmen können keine entsprechenden Kapazitäten bereitstellen.
- Eine (nachträgliche) Unmöglichkeit ist eingetreten (z. B. durch Unwetter zu Schaden gekommenes Schienennetz).
Das Ergebnis der Vorabfrage (ohne Login möglich) kann als Bestätigung der 25 %-Ausnahme beim Transport mitgeführt werden. Zur Bestätigung, dass keine entsprechenden Kapazitäten bereitgestellt werden können, muss das Prüfergebnis der Angebotsabfrage (Stufe 1 oder Stufe 2) beim Transport als Bestätigung mitgeführt und der Behörde auf Verlangen vorgelegt werden. Diese Bestätigung erfolgt binnen zwei Werktagen nach Abfrage auf der digitalen Plattform aufschiene.gv.at.
Zusammengefasst:
Fällt ein Abfalltransport auf der Straße aufgrund der Überschreitung des Gesamtgewichts und der Kilometeranzahl unter die Verpflichtung und ist die "25-Prozent-Ausnahme" nicht anwendbar, hat auf der digitalen Plattform aufschiene.gv.at (→ BMK) eine Abfrage von Angeboten für den Transport per Bahn zu erfolgen.
Was bedeutet das für Abfallentsorger?
Die Schwierigkeiten für Abfallentsorger liegen in den zusätzlichen Schritten wie etwa Informationsbeschaffung, Berechnungen, Anmeldungen und die Einholung von Bestätigungen. Die logistische Planung wird durch die Abhängigkeit von den Bahnkapazitäten definitiv nicht erleichtert. Des Weiteren bleibt fraglich, ob die Investition von rund 4 Mio. Euro in Ausbau und Modernisierung/Reaktivierung von Anschlussbahnen eine Verlagerung des Abfalltransports von der Straße auf die Schiene ausreichend vorantreiben kann.
Worin liegen die Chancen?
Trotz der Herausforderungen wurden im Laufe der ersten Monate des letzten Jahres laut ÖBB bereits 200.000 t Abfall auf die Schiene verlagert, was zu einer Einsparung von mehr als 11.400 Lkw-Fahrten führte. Dies stellt einen Anfang dar, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Treibhausgasemissionen pro transportierter Tonne bei Lkw-Fahrten bis zu 15-mal höher sind als bei Bahntransporten.
Ausblick
Für die Zukunft stellt sich die Frage, ob weitere Investitionen in die Infrastruktur und die Schienenverkehrswege notwendig sind, um die Verlagerung von Abfall auf die Schiene weiter zu fördern. Zudem bleibt zu klären, ob die eingesparten Lkw-Fahrten tatsächlich zu einer spürbaren Verringerung der Treibhausgasemissionen beitragen und ob die Regelung in ihrer aktuellen Form langfristig effektiv ist.
Quellen: AWG 2002, ÖBB, digitale Plattform „aufschiene“, BMK